Bikepacking Tschchien – Frankreich


Diese Semesterferien habe ich genutzt, um mal ein bisschen raus in die Natur zu kommen und etwas für meinen Körper zu tun. Ich hatte zwei Monate Zeit, und bin insgesamt drei Wochen mit dem Fahrrad gefahren und habe gecampt – man könnte auch Bikepacking sagen – eine Woche von Osnabrück nach Tschechien, dann eine Woche von Tschechien zum Bodensee, und zum Schluss noch eine Woche durch Frankreich wieder Richtung Osnabrück. Das hat sich angeboten, weil ich in Österreich eine Woche mit meiner Familie wandern war, und sowieso irgendwie zum Bodensee kommen musste.

In Tschechien habe ich für zwei Wochen einen Zwischenstopp zum WWOOFen gemacht, und so hatte ich meine Route quasi vorgegeben. Durch Frankreich bin ich gefahren, weil ich dache, das ist spannender als den Rückweg durch Deutschland zu machen.

Aber von vorne: hier ist mein Bericht über die drei Wochen Fahrradtour, mit Fokus natürlich darauf, wie es mir ging, was das mit mir gemacht hat, und was ich daraus gelernt habe.

Hier findet ihr eine Liste mit meiner Ausrüstung fürs Bikepacking und Links!

Wie alles angefangen hat

Ein halbwegs gutes Fahrrad hatte ich schon, Betonung auf halbwegs, weil es auf jeden Fall kein Bikepacking-Rad oder Gravelbike ist und ich es davor auch nur mäßig durchchecken lassen habe. Neue Bremsen, neues Licht, und das war es auch schon. Aber ich habe mir alles mögliche an Flickzeug, Werkzeug, Reifenheber, Kettenöl etc. geholt. Tatsächlich habe ich noch nie einen Reifen ganz alleine gewechselt und habe halb gehofft, dass ich keinen Platten kriege, und halb darauf vertraut, dass ich das zur Not hinkriege und irgendwo aus meinem Unterbewusstsein die Erinnerungen ans Zuschauen schon hochkommen werden. In den drei Wochen hatte ich dann keinen einzigen Platten, obwohl ich des Öfteren auch über Scherbenhaufen gefahren bin – war wohl auch besser so.

Mein Fahrrad kurz vor der Losfahrt, fertig gepackt mit Ausrüstung zum Bikepacking
Mein Fahrrad kurz vor der Losfahrt, fertig gepackt mit Ausrüstung zum Bikepacking

Dann habe ich mir eine Packliste zusammengestellt, auf der alles fürs Bikepacking draufstand – Zelt, Schlafsack, Isomatte, Regenhose, Regenjacke, Campingkocher, und noch ziemlich viele kleine Sachen. Ich hatte zwei Satteltaschen, und oben habe ich noch mein Zelt und einen Rucksack (und meine Adiletten!) draufgespannt, plus vorne einer kleinen Lenkertasche, Flaschenhalterungen und (wasserdichter) Handyhalterung. (Bikepacking Packliste)

Das meiste kam von Decathlon oder ich habe es mir von Freunden empfehlen lassen, die so etwas schon mal gemacht haben. Zur Navigation habe ich mir Komoot installiert, und mir noch eine dicke Powerbank fürs Handy geholt. Vor der Reise habe ich in meinem Leben vielleicht zweimal auf Campingplätzen gezeltet, und mit dem Fahrrad war ich auch noch nie länger als einen Tag unterwegs. Aber mein Mitbewohner hat zur gleichen Zeit eine Fahrradtour durch Südeuropa gemacht, was mich wahrscheinlich ein bisschen dazu inspiriert hat.

Warum das Ganze?

Die Tour alleine zu machen, war glaube ich auch nur so halb eine bewusste Entscheidung. Teilweise dachte ich, es wäre nach dem Semester voller Studentenleben mal ganz gut, alleine zu sein, und dass ich dann die Natur auch besser genießen könnte, aber teilweise hatte ich auch keinen, der mit mir fahren wollte. Was soll ich sagen, irgendwie ging dann gegen Ende alles relativ schnell, obwohl ich sehr nervös war vor dem Aufbruch. Wobei nervös wahrscheinlich nicht das richtige Wort ist, es war einfach ein sehr komisches Gefühl, loszufahren, als würde ich nur schnell zum Bäcker wollen, aber dann einfach weiterzufahren und für die nächsten Wochen nicht wiederzukommen.

Aussicht vom Zelt auf dem ersten Campingplatz, erstes Mal kochen - Im Hintergrund trocknet meine Regenhose
Aussicht vom Zelt auf dem ersten Campingplatz, erstes Mal kochen – Im Hintergrund trocknet meine Regenhose

Als ich aufgebrochen bin, war es mittags und es hat geregnet. Ich bin also mit Regenhose und Regenjacke von Osnabrück irgendwo Richtung Tschechien gefahren. Für die Strecke hatte ich acht Tage Zeit, weil ich zum WWOOFen ein festes Startdatum hatte. Da das ein bisschen weit war für die kurze Zeit, bin ich zwischendurch aber auch ein bisschen Zug gefahren.

Teil 1: Osnabrück – Tschechien

Nach Tschechien bin ich dann unterhalb vom Harzgebirge entlanggefahren, durch Leipzig und Dresden zur tschechischen Grenze und dann noch zwei Tage bis zur Farm nördlich von Prag. Tatsächlich hat es die ganze Woche quasi durchgängig geregnet und ich war jeden Tag komplett durchnässt, kalt und konnte meine Moral wahrscheinlich vor Allem durch Schokoriegel und die heiße Dusche abends am Campingplatz aufrechterhalten.

Kühe auf dem Weg an einem sehr steilen Stück bergauf schieben
Kühe auf dem Weg an einem sehr steilen Stück bergauf schieben

Komischerweise hat das Fahrradfahren trotzdem Spaß gemacht, vielleicht, weil das der Anfang war und ich ein festes Ziel hatte, auch zeitlich. Wenn dann doch mal die Sonne rauskam, war es wunderschön, und meistens war das zu sehr passenden Momenten, zum Beispiel während der Mittagspause. Einmal war ich abends an einem Campingplatz und es war warm genug, dass ich im See daneben schwimmen konnte, auf dem Steg Abendessen, und dann noch dem Sonnenuntergang über dem Wasser anschauen. Dann hat es wieder angefangen zu stürmen. Und auch das Zelt nass auf- und abbauen war wirklich keine Freude.

Die ersten Tage Bikepacking

Was den Anfang auch sehr angenehm gestaltet hat war, dass ein Teil der Reise dieser ersten Woche erst auf dem Weser- und dann auf dem Elberadweg entlanggeführt hat. Dadurch war das Navigieren leichter, es waren ein paar andere Leute unterwegs, die Wege waren gut und die Aussichten waren relativ schön.

Rettender Keks, den ich einmal halb verhungert auf einer Landstraße gefunden habe, als ich mir zu wenig Essen eingepackt habe
Rettender Keks, den ich einmal halb verhungert auf einer Landstraße gefunden habe, als ich mir zu wenig Essen eingepackt habe

Was die anderen Leute anging, waren die meisten Leute, die ich gesehen habe, mittelalte Paare oder Rentner, und davon erstaunlich viele. In meiner Vorstellung waren auf Campingplätzen Gruppen von Jugendlichen, die ich ansprechen und kennenlernen könnte, aber in der Realität waren es meist entweder ältere Dauercamper im Wohnwagen oder Familien im Urlaub. Ich hatte gehofft, es wäre auf Reisen einfach, Leute kennenzulernen, aber tatsächlich war mein erstes wirkliches Gespräch nach circa vier Tagen mit zwei Kindern, die ich auf dem oben genannten Campingplatz kennengelernt habe und denen ich geholfen habe, ein Zelt zu bauen. In Tschechien habe ich noch einmal ein junges deutsches Pärchen getroffen, mit denen ich einen Abend und einen kurzen Morgen verbracht habe.

Der wahrscheinlich schönste Campingplatz, den ich auf meiner Reise hatte - Lübschützer Teiche, Machern
Der wahrscheinlich schönste Campingplatz, den ich auf meiner Reise hatte – Lübschützer Teiche, Machern

Tschechien!

Als ich über die tschechische Grenze fuhr, kam tatsächlich ziemliche Euphorie in mir auf, aber die nächsten zwei Tage ging es sehr bergig durchs Hinterland, und es war nass und matschig. Dementsprechend froh war ich dann auch, als ich auf der Farm ankam und erstmal zwei Wochen Pause vom Fahrradfahren hatte. Das Wetter sollte auch besser werden, sodass ich endlich mein Zelt trocknen konnte, und ich hatte mich mit einer Freundin dort verabredet und freute mich auch darauf, mal wieder vertraute Gesellschaft zu haben. Über die zwei Wochen berichte ich hier nicht, aber ich kann WWOOFing sehr empfehlen:)

Landschaft im Westen Tschechiens, immer noch regnerisch
Landschaft im Westen Tschechiens, immer noch regnerisch

Teil 2: Tschechien – Bodensee

Nach den zwei Wochen Farmaufenthalt fing der zweite Teil meiner Bikepacking-Reise an, der von Tschechien zum Bodensee führen sollte. Ich wollte über Prag und Pilsen zu deutschen Grenze fahren, dann eine Freundin in Regensburg besuchen und mit ihr gemeinsam den letzten Teil zum Bodensee fahren.

Am ersten Tag bin ich schon die 90 Kilometer nach Prag gefahren und habe dann dort in einem Hostel übernachtet, weil das doch ein bisschen mehr Komfort als im Zelt ist. In die Stadt reinfahren war verrückt, weil es mehr als zwei Stunden gedauert hat, durch die ganzen Vororte zu kommen. Es war sehr interessant, diesen Übergang von Land zu Stadt mitzubekommen und zu sehen, wie so eine Stadt eigentlich aufgebaut ist und wie groß sie ist. Tatsächlich war das aber auch etwas nervig, da die Straßen dort vor Allem für Autos und sicher nicht für Fahrräder gemacht sind. Am Abend bin ich dann durch Prag gelaufen und habe mir Bars angeschaut.

Städte anschauen

Sonnenuntergang über einem See an am Campingplatz außerhalb von Pilsen
Sonnenuntergang über einem See an am Campingplatz außerhalb von Pilsen

Ich hätte gerne ein bisschen mehr Zeit für die Stadt gehabt, aber ich war davor schon einmal in Prag und habe mich auch etwas getrieben gefühlt, weiterzukommen. Die nächsten Tage bin ich durchs tschechische Hinterland gefahren, und auf dem Weg auch durch Pilsen. Leider bin ich auch dort nur durchgefahren, weil ich weiterkommen wollte, aber was ich von der Stadt gesehen habe, war wunderschön. Danach habe ich mir vorgenommen, mir mehr Zeit zu nehmen und lieber etwas langsamer zu machen und die Fahrt und die Pausen mehr zu genießen. Oder insgesamt, mehr das zu tun, worauf ich Lust habe. Zum Beispiel anzuhalten, wenn ich will – ich dachte, wie seltsam, dass ich mich so getrieben fühle, vor Allem, weil mich keiner zwingt, irgendetwas zu tun, und ich zumindest theoretisch komplett frei bin.

Hitze statt Regen

Wenn es in der ersten Woche nach Tschechien komplett durchgeregnet hat, dann war diese Woche so ziemlich das Gegenteil davon. Es hat kein einziges Mal geregnet und es waren die ganze Zeit ungefähr 32 Grad mit Sonne. Das war super anstrengend und ich habe immer versucht, morgens so früh wie möglich loszukommen. Dazu kam noch, dass es sehr bergig war, und zusammen hat sich die Anstrengung, abwechselnd mit dem erfrischenden und fast ekstatischen Bergabfahren dazwischen wie ein Rausch angefühlt. Ich habe irgendwann angefangen, über Kopfhörer Techno zu hören, was mich noch mehr gepusht hat und das hat dann zusammen auch echt Spaß gemacht.

Der Badesee an der Strecke mit meinen liebsten Erinnerungen
Der Badesee an der Strecke mit meinen liebsten Erinnerungen

Auf diesem Teil der Reise gab es auch einige meiner Highlights: Da es so unfassbar warm war, konnte man perfekt schwimmen gehen. Ich habe versucht, meine Mittagspausen möglichst an einem See oder Fluss zu halten und dann noch zur Abkühlung baden zu gehen. Ich bin meistens einfach mit meinen Anziehsachen reingegangen, da das einfacher war, es den Schweiß abgewaschen hat und mich danach auch noch gekühlt hat – es ist sowieso alles wieder superschnell getrocknet.

Manchmal bin ich auch einfach so angehalten, wenn auf dem Weg plötzlich ein See lag, und eine Runde geschwommen. Im Nachhinein waren das einige der Momente, die mir am Deutlichsten in Erinnerung geblieben sind. Was ich mir davor vorgenommen hatte, einfach das zu machen, worauf ich Lust habe, hatte tatsächlich eine sehr starke Wirkung auf mich. Dieses Innehalten, sich Zeit nehmen, für Dinge, die einfach nur schön sind, die man einfach nur für sich tut. Und das Ganze dann auch noch in der Natur.

Bedürfnisse

Was mir nach ein paar Tagen schon aufgefallen ist, was auch irgendwie einen großen Teil der Stimmung vom unterwegs sein ausmacht, ist, dass man die meiste Zeit einfach nur damit beschäftigt ist, seine Grundbedürfnisse zu erfüllen. Viel trinken, eine Mahlzeit zu sich nehmen, Schokoriegel für die Energie, aufs Klo gehen, Pausen machen, Regesachen anziehen bei Regen, und abends sein Zelt aufbauen zum Schlafen. Das hört sich vielleicht sehr trist an, hat aber etwas unglaublich Befreiendes und Natürliches. Man fühlt sich viel mehr als sonst mit seinem Körper und seinen Bedürfnissen verbunden, was durch die dauerhafte Anstrengung natürlich auch noch verstärkt wird. Und da so eine Reise schon ein bisschen extrem ist, sind diese Bedürfnisse auch stärker als sonst und ihre Erfüllung macht einen viel glücklicher, als man sich vorstellen konnte.

Diese Einfachheit und Klarheit ist eine der Erfahrungen, die die Reise für mich am Meisten geprägt haben. Im Alltag ist es so leicht und selbstverständlich, dass diese Bedürfnisse dauerhaft erfüllt sind, sodass man sie gar nicht mehr richtig wahrnimmt oder auch, was es mit einem macht, wenn sie nicht erfüllt werden.

Schönstes Wetter und Berge in Bayern
Schönstes Wetter und Berge in Bayern

In Regensburg habe ich eine Freundin besucht, mit der ich eigentlich den restlichen Weg bis zum Bodensee fahren wollte. Nachdem es dann aber einen ganzen Tag geregnet und gewittert hat, sind wir am nächsten Tag mit dem Zug zum Bodensee gefahren. Nach der ersten Woche nur Regen hatte ich absolut keine Lust mehr auf Fahrradfahren und Campen im Regen. Dann war ich bei meiner Familie am Bodensee und mit ihnen gemeinsam eine Woche wandern in den Alpen, auf dem Meraner Höhenweg (vielleicht schreibe ich an einer anderen Stelle nochmal genauer darüber). Auf jeden Fall bestanden die Semesterferien aus sehr sehr viel sportlicher Aktivität in der Natur.

Teil 3: Durch Frankreich

Nach ein paar Tagen Pause nach dem Wandern habe ich mich dann auf den Rückweg mit dem Fahrrad nach Osnabrück gemacht. Am kürzesten wäre der Weg durch Deutschland am Rhein entlang gewesen, aber ich dachte, es sei vielleicht spannender, durch Frankreich zu fahren. Also bin ich mit dem Zug nach Strasbourg gefahren und habe meine Reise so geplant, dass ich über Nancy und Metz an die deutsche Grenze ins Saarland fahre, um von dort aus den Zug nach Frankfurt zu nehmen, wo ich Freunde besuchen wollte.

Die Strecke lag in dem Gebiet Elsass-Lothringen, wo auch erstaunlich viele Leute Deutsch konnten. Aber trotzdem hatte ich den Eindruck, vielleicht war es auch nur Wunschvorstellung, dass die Häuser und Orte etwas romantischer und süßer aussahen und die Leute etwas mehr lächelten als in Deutschland. Zum Essen habe ich mir meistens Baguette und Käse gekauft, zum Frühstück ein Croissant mit Kaffee, und zwischendurch Eclaires und alle möglichen anderen Süßspeisen. Ich muss wirklich sagen, dass in Frankreich die Kunst des Gebäcks gemeistert wurde und dachte, ich muss das ausnutzen.

Typischer Einkauf fürs Bikepacking in Frankreich
Typischer Einkauf fürs Bikepacking in Frankreich

Fluss statt Berge

Die Strecke in Frankreich war laut Komoot viel flacher als die in Tschechien, und wie ich bald merkte, lag das daran, dass ich die meiste Zeit an Flüssen und Kanälen entlangfuhr. Als erstes ein paar Tage den Rhein-Mosel-Kanal und dann an der Mosel selbst. Am Anfang war ich noch sehr dankbar für den ebenen Weg, der selbst durch die Vogesen ohne erhebliche Höhenmeter kam, aber irgendwann wurde es langweilig, immer nur an dem sehr geraden, etwas fischig riechenden, mit immer ähnlich aussehenden Booten mit sonnenbadenden Rentnern darauf, und Schleusen in regelmäßigen Abständen, Kanal entlangzufahren. Allerdings wurde er immer breiter und natürlicher und hinter Metz hatte er sogar ein richtiges Ufer anstatt den metallenen Kanalwänden. Auf jeden Fall war es aber sehr einfach, der Strecke zu folgen und die Fahrradwege waren sehr gut ausgebaut.

Der erste Teil bis Nancy war sehr entspannt und schön und ich hatte ein paar kleine Campingplätze in der Natur. Das Wetter war perfekt, kein Regen und nicht zu warm, leicht bewölkt und ein bisschen Wind. An einem Campingplatz wurde aber meine Powerbank geklaut, die ich dort über Nacht im Bad zum Laden liegen gelassen hatte (normalerweise hatte ich nie Probleme damit). Ich war aber sehr darauf angewiesen, da Komoot sehr viel Akku zieht, und so ging mein Handy sehr schnell leer. Als dann zusätzlich noch meine Flat auslief und ich kein Guthaben und damit auch kein Internet hatte, war ich kurz ein bisschen verzweifelt. Tatsächlich habe ich mich aber irgendwie auch ein bisschen befreit gefühlt. Ich dachte mir oft, dass es schon vergleichsweise unabenteuerlich ist, mit Komoot und Powerbank zu reisen. Und auch wenn das alles noch relativ komfortabel war, irgendwie war die Aufregung auch ganz spannend.

Einen Tag ohne Handy

Ich bin also den Schildern, von denen es meistens viele gab, bis zur nächsten Kleinstadt gefolgt. Dort habe ich mich zur Touristeninformation durchgefragt, und die Frau dort hat mir netterweise eine Karte mitgegeben und den Weg bis zum nächsten Campingplatz eingezeichnet. Das war irgendwie eine coole Erfahrung, weil ich normalerweise nicht mit Leuten reden musste und es auch leider dann oft nicht tue. Gezwungen zu sein, auf Menschen zuzugehen, und irgendwie auch die Hilflosigkeit, macht es einfacher, eine Bindung aufzubauen. Und auch wenn ich am nächsten Tag in Nancy wieder eine Powerbank und WLAN hatte, irgendwie hat mir die kleine Episode ein bisschen gefallen und ich dachte, wenn ich nicht alleine wäre, würde ich Reisen gerne auch mit physischen Karten ausprobieren.

Nancy, entspanntes Frühstück
Nancy, entspanntes Frühstück

Couchsurfing

In Nancy hatte ich ein bisschen Probleme, eine Unterkunft zu finden, habe dann aber spontan jemanden zum Couchsurfen gefunden. Ich habe Couchsurfing das erste Mal ausprobiert und habe echt gute Erfahrungen gemacht, ich durfte sogar noch eine Nacht länger bleiben. Dadurch hatte ich mehr Zeit in Nancy, was auch mal ganz gut getan hat, weil ich sonst nicht viel von den Orten gesehen habe. Das ist eine Sache, die ich mir für nächstes Mal vornehmen würde: Mehr Zeit lassen, wirklich die Orte kennenlernen, sich so viel wie möglich anschauen. Mein Host hat mir eine Stadtführung gegeben, ich habe mir verschiedene Parks und Museen angeschaut. Besonders gut hat mir das Muséum Aquarium gefallen, ein Naturkundemuseum mit lebenden Fischen. Ein bisschen das Treiben der Stadt anschauen, die wirklich schön war, und mal wieder ein Bier trinken. Und auch ein richtiges Bett war mal wieder schön.

Nancy, Kathedrale beim obligatorischen Sightseeing
Nancy, Kathedrale beim obligatorischen Sightseeing

Nancy – Metz

Nach den zwei Nächten in Nancy bin ich weiter nach Metz gefahren, was nur eine Tagestour mit guten 60km am Fluss entlang war. Je näher ich Metz kam, desto schöner wurde die Landschaft, und am Ende bin ich durch eine zauberhafte Flusslandschaft gefahren. In Metz gab es einen schönen Campingplatz direkt an der Seille, mitten in der Stadt, was echt ein Segen war. Auch in Metz bin ich zwei Nächte geblieben und habe mir ein bisschen die Museen und Bars angeschaut, und auch Metz war schön und sehenswert.

Alleinsein beim Bikepacking

Alleine essen gehen in Metz
Alleine essen gehen in Metz

Gegen Ende der Reise habe ich mich aber immer öfter allein gefühlt und hatte Angst, auch wenn sie unbegründet war. Ich habe auf Mauern sitzend seitenweise Tagebuch geschrieben und nachgedacht, ich hatte irgendwie nicht mehr so viel Lust wie am Anfang. Es hat gut getan, so viel alleine zu sein, und es war interessant, was dabei alles aus mir rauskam, wenn von außen mal nicht so viel los ist und man in anstrengendere Situationen als im Alltag kommt. Manchmal habe ich abends meditiert, was auch ganz gut war. Vor allem gegen Ende war es psychisch echt intensiv, was aber auch daran lag, dass es kälter und ungemütlicher wurde und ich wusste, dass ich bald wieder zuhause bin.

Den letzten Tag bin ich dann also von Metz Richtung Saarland gefahren, über die deutsche Grenze auf einen Campingplatz. Das war meine letzte Nacht und am nächsten Tag habe ich einen Zug nach Frankfurt genommen, wo ich Freunde besucht habe. Es war superschön, wieder vertraute Leute zu sehen, und ich habe es wirklich anders geschätzt. Danach bin ich mit dem Zug nach Osnabrück gefahren und war damit wieder am Startpunkt meiner Reise.

Reflektionen

Ich war knapp zwei Monate weg und war davon ziemlich genau drei Wochen Fahrrad fahren. Im Nachhinein war das irgendwie ein seltsamer Einschnitt in mein sonstiges Studierendenleben, weil es so anders war. Ich vermisse jetzt ein bisschen das Gefühl, alleine mit einem Fahrrad und Zelt unterwegs und der Natur „ausgeliefert“ zu sein. Komplett am Schwitzen einen Berg hoch, und dann auf der Kuppe aufatmen, einen Schluck im Fahren trinken, und dann geht es im Fahrtwind bergab. Die Ortschaften fliegen vorbei, Riegel essen, Pause machen, Essen kaufen, und immer nur Komoot folgen. Es war um einiges intensiver und eindrucksvoller, durch die bergige Landschaft in Deutschland und Tschechien zu fahren, als am Fluss entlang in Frankreich. Irgendwann habe ich die Berge nicht mehr so sehr wahrgenommen, oder irgendwie habe ich mich auf jeden Fall mental darauf eingestellt.

Metaphern und Vorsätze

Ich dachte mir oft, die Berge, das Auf und Ab, sind auch gute Metaphern für das Leben. Manchmal kommt einem, während man schwitzend den Berg hochstrampelt, ein grinsender Fahrradfahrer entgegen, der bergab an einem vorbei düst. Aber keiner weiß, wie viele Berge der andere schon gefahren ist und noch vor sich hat. Es bringt nichts, die Steigung zu verfluchen und die Abfahrt herbeizuwünschen. Die Steigung ist die Abfahrt, wenn man andersrum fährt. Was man hochfährt, fährt man wieder runter, und andersrum. Irgendwie war das manchmal sehr friedlich, einfach nur Fahrrad zu fahren. Wenn ich es nochmal machen würde, dann wahrscheinlich nicht alleine. Es ist eine ganz besondere Erfahrung, den ganzen Tag alleine draußen in der Natur Fahrrad zu fahren, und ich bin super froh, sie gemacht zu haben. Aber ich denke, Gesellschaft kann sehr wertvoll und Bikepacking kann sehr verbindend sein.

Ich bin sehr froh, die Fahrradreise gemacht zu haben und kann mir gut vorstellen, so etwas öfter zu machen. Es hat mir ziemlich gut getan und ich kann es auf jeden Fall empfehlen. Danke fürs Lesen und berichtet mir gerne von euren Erfahrungen!

Leona

Hier nochmal die Liste mit den Links zu meiner Ausrüstung fürs Bikepacking:)

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3 Antworten zu “Bikepacking Tschchien – Frankreich”

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